Arbeitszeitkonto
Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer tatsächlich geleisteten Arbeitszeit wieder. Die IST-Zeit wird mit der arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarten, also der geschuldeten Arbeitszeit, der Soll-Zeit, abgeglichen.
Für den Abgleich ist eine zuverlässige und individuelle Messung der geleisteten Arbeit jedes Beschäftigten notwendig. Die Zeiterfassung der geleisteten Arbeitszeit erfolgt über Zeiterfassungssysteme – beispielsweise über Stechuhr, Desktop oder mobil. Werden die vertraglich vereinbarten Stunden über- oder unterschritten, werden Plusstunden oder Minusstunden aufgebaut.
Die Einführung eines Arbeitszeitkontos, insbesondere die Möglichkeit eines negativen Zeitsaldos, bedarf einer entsprechenden Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien.
Arbeitszeitkonten werden in den folgenden Formen unterschieden:
Um den Beschäftigten je nach Arbeitsumfeld das passende Konto anbieten zu können, greifen Betriebe häufig auf Mischformen und Verknüpfungen von Zeitkontenmodellen zurück.1
Diese Form dient der Flexibilisierung von Arbeitszeiten an einem Tag, einer Woche, einem Monat oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszyklen. Zu diesen Kurzzeitkonten zählen beispielsweise
Der Zeitraum für den Ausgleich kann individuell definiert werden, sollte aber innerhalb eines Jahres erfolgen.
In diesem Fall, auch Lebensarbeitszeitkonto oder Zeitwertkonto genannt, können Arbeitsstunden für eine Freistellungsphase angespart werden.
Zum Beispiel für ein Sabbatical oder eine Altersteilzeit. Die geleistete Arbeitszeit wird in einem besonderen Wertguthaben angesammelt und zu einem späteren Zeitpunkt zur kurz-, mittel- oder sogar längerfristigen Abwesenheit von der Arbeit eingesetzt. Damit besteht die Möglichkeit einer Insolvenzsicherung der geleisteten Arbeitszeit oder anderer Entgeltbestandteile.
Unter diese Definition fallen nur Arbeitszeitvereinbarungen, die nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen aufgrund tariflicher oder betrieblicher Ausgleichszeiträume zum Inhalt haben.
Arbeitnehmer können Überstunden nicht einfach auf einem Konto anhäufen, es bedarf einer arbeitsvertraglichen Regelung. Arbeitszeitkonten müssen zudem den Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit sowie den Regelungen zum Mindestlohn (festgehalten im Mindestlohngesetzes, MiLoG) und des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) entsprechen.2
Im Arbeitsvertrag sollte für den Ausgleich des Zeitkontos zumindest der maximal zulässige Zeitraum explizit aufgeführt sein – dadurch wird der Arbeitgeber dem Transparenzgebot für arbeitsvertragliche Formularklauseln gerecht.
In der Praxis werden Arbeitszeitkonten meistens durch Betriebsvereinbarungen festgelegt, da der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat.
Folgende Punkte können in der Betriebsvereinbarung aufgeführt sein:
In den Tarifverträgen sind meist Rahmenbedingungen in Bezug auf die flexible Verteilung der regelmäßig zu erbringenden Arbeitszeit enthalten. Dabei erfolgt im Arbeitsvertrag ein Verweis auf tarifvertragliche Bestimmungen und darauf, dass diese Bestandteile der tarifvertraglichen Bestimmungen sind.
Arbeitgeber, die tarifgebunden oder arbeitsvertraglich an einen Tarifvertrag angelehnt sind, können meist auf eine eigene Zeitkontenregelung im Arbeitsvertrag verzichten.
Beantragt ein Unternehmen Kurzarbeitergeld, ergibt sich daraus die Verpflichtung, etwaige Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto abzubauen. Voraussetzung dafür, dass Kurzarbeitergeld gewährt wird, ist unter anderem das Vorliegen eines unvermeidbaren Arbeitsausfalls. Mehr über Kurzarbeit
Ein Arbeitsausfall ist danach vermeidbar, wenn er durch zulässige Arbeitszeitschwankungen vermieden werden kann. Da ein Zeitkonto Schwankungen in der Arbeitszeit abbildet, sind Zeitkonten grundsätzlich in Anspruch zu nehmen, bevor Kurzarbeitergeld beantragt wird.
Eine Auflösung von Plusstunden kann jedoch in bestimmten Fällen nicht oder nur teilweise vom Arbeitnehmer verlangt werden. Gemäß § 96 Abs. 4 Unterabs. 2 SGB III können Arbeitszeitguthaben "stehen bleiben", soweit das Arbeitszeitguthaben
Ob Arbeitnehmer mit dem jeweiligen Arbeitszeitkonto zufrieden sind, hängt häufig davon ab, wer über das Zeitguthaben verfügt. Laut dem BAUA Arbeitszeitreport Deutschland 2016 sind Beschäftigte, die selbst über ihr Guthaben verfügen können, zufriedener und schätzen sich selbst gesünder ein, als solche, die nicht über ihr Guthaben entscheiden können.
Wenn Arbeitnehmer selbst über ihre Arbeitsstunden verfügen können, erhalten sie mehr Spielraum bei der Arbeitszeitgestaltung und damit eine bessere Work-Life-Balance.
Der Einsatz von Langzeitkonten ermöglicht Mitarbeitern eine längerfristige sozialversicherungsrechtlich geschützte Auszeit wie Sabbaticals, Elternzeit Pflegezeit, Vorruhestand oder Teilzeit. Das bedeutet, dass es dem Arbeitnehmer möglich ist, langfristige Pläne umzusetzen, und an die jeweilige Lebenssituation anzupassen.
Die Synchronisation von Personaleinsatz und Auftragslage anhand von Plusstunden und Minusstunden ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Vorteil. Unternehmen die Normalarbeitszeiten dann einsetzen, wenn der Markt es erfordert, haben einen wirtschaftlichen Vorteil, der letztlich auch Arbeitsplätze sichert.
Arbeitszeitkonten geben Unternehmen die Möglichkeit, Arbeitszeiten, Bereitschaften, Dienste oder Schichten entlang dem tatsächlichen Personalbedarf zu gestalten. Arbeitnehmer sind flexibel im Einsatz, wenn es
erforderlich macht. Im saisonabhängigen Einzelhandel zum Beispiel bauen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Weihnachtsgeschäft Zeitguthaben auf, die sie im verkaufsschwachen Sommer mit Minderarbeit ausgleichen.
Arbeitszeitkonten ermöglichen Unternehmen mehr Flexibilität beim Personaleinsatz, beispielsweise um Auftragsschwankungen und Krisensituationen wirtschaftlich zu bewältigen. Zudem können die Betriebs- bzw. Servicezeiten des Unternehmens mit Hilfe von Arbeitszeitkonten und der Anwendung verschiedener Arbeitszeitmodelle ausgeweitet werden.
Nachteilig für den Arbeitnehmer ist der Aspekt, dass durch die Führung der Überstunden im Arbeitszeitkonto keine Zuschläge anfallen, da Überstunden durch Freizeit ausgeglichen werden.
Darüber hinaus muss der Beschäftigte die Anordnung von Mehrarbeit oder Minderarbeit im Rahmen der betrieblich vereinbarten Grenzen akzeptieren.
Bei Mehrarbeit geht der Beschäftigte in Vorleistung, ohne eine direkte Gegenleistung oder Gehalt zu erhalten. Der Beschäftigte gibt seinem Unternehmen somit einen zinslosen Kredit. Flexible Arbeitszeit verwischt auch in vielen Fällen die Grenze zwischen Privat- und Berufsleben, was zu einer geringeren Work-Life-Balance und zu Unzufriedenheit auf Seiten des Arbeitnehmers führen kann.
Der Verwaltungsaufwand für Arbeitszeitkonten und die damit verbundene Flexibilisierung sind höher als bei starren Arbeitszeiten. Hat der Arbeitnehmer Minusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto, sind diese prinzipiell als Gehaltsvorschuss des Arbeitgebers anzusehen.
Allerdings sind Arbeitgeber ohnehin verpflichtet, Überstunden aufzuzeichnen. Hinzu kommt das EuGH Urteil aus dem Jahr 2019 zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung, das für Unternehmen aller Größen und Branchen und für jegliche Arbeitszeit gilt. Mit einer digitalen Arbeitszeiterfassung, zum Beispiel per App oder Self Services, erfüllt der Arbeitgeber alle Anforderungen des Gesetzgebers. Gleichzeitig erfüllt er seinen Mitarbeitenden den Wunsch nach mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung.
Kündigt der Arbeitgeber oder hat der Arbeitnehmer zum Ende des arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich festgelegten Ausgleichszeitraums Minusstunden auf dem Konto, dürfen sie nur mit dem ausstehenden Entgelt verrechnet werden, wenn der Arbeitnehmer die Zeitschulden zu verantworten hat.
Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Beschäftigte ähnlich wie bei Gleitzeitmodellen über die Minussalden selbst entscheiden kann. Durch Krankheit oder gesetzliche Feiertage entstehen grundsätzlich keine Minusstunden, da in diesen Fällen das Entgeltfortzahlungsgesetz greift.
Wenn der Arbeitgeber die Minusstunden verschuldet, ist die Verrechnung dieser mit Arbeitsentgelt oder Urlaubsstunden nicht erlaubt.
Arbeitszeitkonten können mit digitalem Workforce Management einfach gesteuert werden. Für maximale Transparenz bei Mitarbeitern und Vorgesetzten.