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New Work Digital mit Kickertisch?

Interview mit Sven Heese vom New Work Hub

Sven Heese ist Mitbegründer vom New Work Hub – dem „Inkubator der neuen Arbeitswelt“. Als Unternehmensberatung zeigt der New Work Hub Möglichkeiten für wirksame Veränderungsprozesse und besserer Zusammenarbeit auf. Sven hat sich im Rahmen eines agilen Organisationsprojektes in der Automobilbranche sogar als Führungskraft selbst abgeschafft. New Work ist für ihn die Klammer von Arbeitsumfeld und Prozessen zu Werten und Kultur. Wir haben uns zum Jahresende verabredet, um über die Arbeitswelt von morgen zu sprechen. 

Sven Heese Interview Portrait

In Bezug auf New Work hören wir oft, es gehe nicht mehr um Arbeit. Wie begegnest du diesem Vorurteil?

Sven Heese: In New Work steckt ganz viel Arbeit. Aber es sollte viel gesunde Arbeit sein. Denn Arbeit zeichnet uns als Menschen ja auch aus und New Work beschäftigt sich mit dem richtigen Verständnis davon. Also der Frage, wie sieht ein möglichst effektives Setup für meine Arbeit aus, in dem ich produktiv sein kann, ohne dauerhaft zu überlasten. Trotz dem Aspekt Entlastung geht es nicht um einen „Kuschelkurs“, sondern darum, Arbeit richtig zu denken und richtig zu machen. 
 

Wo stehen wir denn aktuell bei New Work und um was geht es genau?

Sven Heese: Verwirrung gab es auch bei Digitalisierung oder Agilität. Dazu ein Bild: Wir haben vor gut zehn Jahren Ganztags-Workshops durchgeführt, um Themen zu erarbeiten. Irgendwann fing der erste Manager an, diese Workshoptage „Sprint“ zu nennen. Das klang zwar sehr agil, war es aber bei Weitem nicht. Grund war einfach ein unzureichendes Verständnis von Agilität.

An diesem Punkt stehen wir aktuell mit New Work. Da wird behauptet mit Kickertisch und einer Homeoffice Lösung wäre New Work etabliert. Aber im nächsten Schritt bemerkt man wie erfolgsentscheidend die (Unternehmens)Kultur ist – so wie bei den anderen Transformationen. Das erlebe ich in meiner Arbeit, wo wir bei der ersten Unternehmensanalyse feststellen: Es geht nicht um schöne Büroräume, digitale Tools oder die Einführung von SCRUM, sondern um das zugrundeliegende Menschenbild und das Miteinander in den Unternehmen. 

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Es geht nicht um schöne Büroräume, digitale Tools oder die Einführung von SCRUM, sondern um das zugrundeliegende Menschenbild und das Miteinander in den Unternehmen. 

Sven Heese Interview Portrait
Sven HeeseMitbegründer, New Work Hub

Trotzdem spielen digitale Tools doch bei New Work eine große Rolle, oder? 

Sven Heese: Geht es um den Einstieg in die neue Arbeitswelt, sind zwei Aspekte maßgeblich. Auf der einen Seite die digitalen, technologischen Möglichkeiten, die uns in die Lage versetzt haben, neue Arbeitswelten zu entdecken und zu bemerken, dass wir diese auch brauchen. Oft sind unsere Arbeitswelten so optimiert, dass Freiräume fehlen. Die Flexibilität zu bieten, dass ich im Office sein kann, aber auch zu Hause arbeite, indem ich mit Cloudlösungen alles verfügbar mache und Kommunikationswege finde, das sind unsere digitalen Chancen!

Wir haben zum Beispiel zum Jahresanfang mit dem New Work Hub ein Format etabliert – den Open Tuesday – in dem wir einmal im Monat 80-100 Menschen in Austausch und Interaktion bringen. An diese Möglichkeiten haben wir vor zehn Jahren noch gar nicht gedacht! Auf der anderen Seite sind digitale Tools die Treiber des wirtschaftlichen Wandels in vielen Unternehmen. Die benötigten Talente zur Entwicklung dieser sind aber aktuell sehr rar. Diese Mitarbeiter*innen können und werden sich das optimale Arbeitsumfeld aussuchen. Für Unternehmen sollte das ein zentraler Grund sein sich mit New Work zu befassen und alte Muster bewusst zu hinterfragen. 

Wie sieht es denn mit der Flexibilisierung für die Deskless Workforce aus. Also denjenigen ohne Home Office Option und mit festen Arbeitsplätzen, sei es in der Produktion, Logistik oder im Gesundheitswesen?

Sven Heese: New Work bedeutet ein optimales Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem ich Potenziale entfalten kann. Das erleben wir in kreativen bzw. Wissensberufen oft schneller und früher, weil die Arbeitsweisen leichter eine Veränderung ermöglichen. Aber auch in den Berufsgruppen, die du ansprichst, erleben wir an vielen Stellen noch Optimierungsbedarf. Bereits bei „einfachen“ Organisationsaufgaben, wie Schichtplan und oder Urlaubsplanung, lassen sich Verbesserungen realisieren.

Manche kennen das, da muss die Urlaubsplanung im Herbst des Vorjahres für das komplette nächste Jahr durchgeführt werden. Wenn ich Urlaub ändern will, muss ich das mühselig aushandeln, die Führungskraft einbinden. Flexibilität ist kaum vorhanden. Auch die Einsatzplanung ist oft wenig flexibel. Kleinste Störungen, z.B. durch Krankheit oder Verspätung, führen schnell zur Überlastung Einzelner, um den Betrieb am Laufen zu halten. Ein Minimum an Flexibilität kann ein Einstieg zu New Work sein, indem wir Bedürfnisse der Mitarbeiter und wirtschaftliche Ziele zusammenbringen. 

Sven Heese steht am Whiteboard

Ein Minimum an Flexibilität kann ein Einstieg zu New Work sein, indem wir Bedürfnisse der Mitarbeiter und wirtschaftliche Ziele zusammenbringen. 

Sven Heese
Mitbegründer, New Work Hub

Wie erreichen wir diese Flexibilität?

Sven Heese: Die kann z.B. mit einer KI basierten Schichtplanung oder mit einer digitalen Tauschbörse für kurzfristige Wünsche oder Änderungen geschaffen werden. Auch wenn wir uns die Qualifikation und Erfahrungen der Mitarbeiter:innen anschauen, gibt es noch großes Potenzial. Wenn Menschen mit ihren Stärken eingesetzt werden, entfalten sie viel mehr ihr volles Potenzial. Doch oftmals sind diese Stärken und Erfahrungen gar nicht bekannt oder erfasst. Hier ist es wichtig einen Raum zu schaffen, um diese Stärken zu artikulieren und möglicherweise über ein Tool verfügbar zu machen. So kann New Work auch für die Deskless Workforce eine positive Wirkung entfalten.

Talent Management braucht Transparenz über „wer kann was“, aber auch über die Entwicklungsrichtung. Ist lebenslanges Lernen Grundbedingung für eine New Work oder geht der Schwenk nur mit einem komplett neuen Team? 

Sven Heese: Um die Organisation im Sinne New Work zu ändern, braucht es natürlich viel Wissen über das bestehende Unternehmen. Der Großteil der Unternehmen, die wir betreuen, haben eine erfolgreiche Geschichte. Diesen Weg wertzuschätzen und weiterzuentwickeln, zeichnet gutes Change-Management aus. Impulse durch neue Kollegen sind gut – aber allein damit geht es nicht. Lebendige Organisationen müssen sich schnell anpassen können und veraltete Muster überschreiben, Neues lernen und anwenden. In diesem Kontext glaube ich an Lebenslanges Lernen. Aber man muss genauso anerkennen, dass es Phasen im Leben gibt, die das verhindern. Ich habe selbst drei kleine Kinder, da ist es manchmal wichtiger, dass ich Zeit mit meinen Kindern verbringe.

Wo wir wieder beim Aspekt Menschlichkeit wären. Das ist ein sehr guter Abschluss für unser Interview. Herzlichen Dank für die interessanten Einblicke, Sven.

Sven Heese: Vielen Dank für eure Zeit und eure Fragen! 

Bilder: Sven Heese, New Work Hub
 

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